

D A S
O P T I M U M
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Erwerbstätige aus dem Arbeitsmarkt
ausscheiden werden, sodass auch
hier ein zunehmender Bedarf an
zugewanderten Fachkräften besteht.
Betrachtet man die Verteilung der
Nettozuwanderung aus dem Aus-
land im Jahr 2013 nach Kreisen,
so zeigen sich drei Schwerpunkte,
nämlich bei Kreisen, die über
größere Erstaufnahmeeinrichtungen
für Asylsuchende verfügen, an der
West- und Südgrenze Deutsch-
lands liegen, insbesondere nahe
zu Luxemburg und zur Schweiz,
und in den Großräumen München,
Rhein-Neckar und Rhein-Main. In
letztgenannten Gebieten lebten
am 31.12.2014 auch besonders
viele Drittstaatenangehörige mit
befristeten Aufenthaltstiteln zur
Erwerbstätigkeit, was darauf hin-
deutet, dass diese bei der Gewin-
nung von Fachkräften aus dem
Ausland bereits heute sehr erfolg-
reich sind. Hingegen ist ihr Anteil
in Ostdeutschland mit Ausnahme
Berlins relativ niedrig. Auch leben
hier unterdurchschnittlich wenige
Neuzuwanderer aus den anderen EU-
Ländern, sodass der Beitrag der Zu-
wanderung zur Fachkräftesicherung
in diesen, in den nächsten Jahren
besonders vom demografischen
Wandel betroffenen Regionen bisher
relativ gering ist.
Um auch für die Regionen genü-
gend Fachkräfte aus dem Ausland
zu gewinnen, die besonders von
demografischen Wandel betroffen,
aber weder wirtschaftsstark sind,
noch über starke Migrantennetz-
werte verfügen, muss an verschie-
denen Ebenen angesetzt werden. So
sollten regionale Unterschiede, zum
Beispiel im Hinblick auf die Einkom-
mensniveaus, bei der Gestaltung
des rechtlichen Rahmens für die Er-
werbsmigration stärker berücksich-
tigt werden. Zudem sollten für die
Erwerbs- und Bildungszuwanderung
in diese Regionen spezielle Förder-
programme aufgelegt werden und
die Auslandsrekrutierung regionaler
Arbeitgeber gefördert werden. Auch
wären gezielte Informationsange-
bote über Leben und Wohnen in
diesen Regionen für Zuwanderungs-
interessierte und ein verstärkter
Austausch zwischen diesen Regi-
onen und möglichen Herkunftsregi-
onen sinnvoll.
Einleitung
Bereits heute führen Fachkräfteeng-
pässe dazu, dass Unternehmen ihre
Innovations- und Produktionspoten-
ziale nicht voll ausschöpfen können.
Besonders betroffen sind dabei die
akademischen MINT (Mathematik,
Informatik, Naturwissenschaften,
Technik)- Berufe, die gewerblich-
technischen Ausbildungsberufe, wie
Elektriker, und die Gesundheits- und
Pflegeberufe. In diesen Bereichen
übersteigen die der Bundesagentur
für Arbeit gemeldeten offenen Stel-
len vielfach die Zahl der Arbeitslo-
sen (Bußmann, 2015). Dabei stehen
der deutschen Wirtschaft im histo-
rischen Vergleich an sich sehr viele
Arbeitskräfte zur Verfügung. So gab
es im Jahr 2014 in Deutschland
44,7 Millionen Erwerbspersonen,
was einem Bevölkerungsanteil
von 54,3 Prozent entspricht; 2004
waren es noch 43,3 Millionen bzw.
52,6 Prozent (Statistisches Bundes-
amt, 2015a).
Mit dem demografischen Wandel
wird sich dies in den nächsten Jah-
ren allerdings deutlich verändern.
Gäbe es weder Zu- noch Abwan-
derung, würde die Bevölkerung im
Alter zwischen 20 und 64 Jahren bis
zum Jahr 2035 um 10,5 Millionen
gegenüber dem Jahr 2015 sinken
(Statistisches Bundesamt, 2015b).
Das entspräche einem Rückgang von
rund 530.000 Personen im Jahr.
Um vor diesem Hintergrund die
Fachkräftebasis in Deutschland zu
sichern, ist eine noch stärkere Akti-
vierung der inländischen Potenziale
notwendig aber nicht ausreichend.
Zentrale Ansatzpunkte hierfür sind
etwa eine Erhöhung des Rentenein-
trittsalters, eine bessere Vereinbar-
keit von Familie und Beruf und die
Qualifizierung An- und Ungelernter
(Anger et al. 2014).
Hinzukommen muss eine gezielte
Gewinnung von Fachkräften aus
dem Ausland. Dabei kann der
aktuell starke Zuzug von Flücht-
lingen zwar einen Beitrag leisten,
eine gezielte arbeitsmarktbezogene
Fachkräftezuwanderung jedoch
nicht ersetzen. Denn die Flüchtlinge
dürften in den meisten Fällen nicht
über die Qualifikationen verfügen,
bei denen in Deutschland Engpässe
bestehen (Geis/Nintcheu, 2016).
Die arbeitsmarktbezogene Fachkräf-
tezuwanderung kann entweder im
Rahmen der Arbeitnehmerfreizügig-
keit aus den anderen EU-Ländern
oder im Rahmen der Erwerbsmi-
gration aus Drittstaaten erfolgen.
Auch die Zuwanderung über das
Bildungssystem kann eine Alterna-
tive bieten, da sie häufig auf eine
Erwerbstätigkeit in Deutschland
vorbereitet.
Dabei unterscheiden sich die Vo-
raussetzungen für die Gewinnung
ausländischer Fachkräfte innerhalb
Deutschlands regional stark. Zu-
dem unterscheidet sich auch der
Bedarf an ausländischen Fachkräf-
ten, da die einzelnen Regionen in
Deutschland unterschiedlich stark
vom demografischen Wandel und
bestehenden Fachkräfteengpässen
betroffen sind.