DO_02_2019_online

DEMOGRAFIE 8 konstant bleiben. Da die Haushalts- größen in ländlichen Räumen bereits seit Jahrzehnten stetig abnehmen, wird womöglich die Nachfrage unter- schätzt, sodass die Leerstandsquoten dort geringer sein dürften. Durch die weiterhin sehr hohen Woh- nungsleerstände wird aber vor allem die Bedeutung des Problems deut- lich. Trotz des in vielen Ballungs- räumen enormen Wohnungsbedarfs und auch trotz der Verteilung der Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016 über den Königsteiner Schlüssel (Deschermeier et al., 2017b) besteht vielerorts – typischerweise abseits der Metropolen – ein persistentes Leerstandsproblem und die damit verbundene Frage, wie leer stehende Gebäude um- oder rückgebaut werden können (BBSR, 2014). Leerstand betrifft vor allem Regionen mit sinkenden Wohnflächenbedarfen (Henger et al., 2014). Die Abbildung auf dieser Seite zeigt die Leer- standsquote auf Kreisebene für das Jahr 2016. Besonders groß ist das Leerstandsproblem in Ostdeutsch- land. Dort liegen die Quoten in 40 von 77 Kreisen über 10 Prozent. Spitzenreiter ist die kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau mit 17,2 Prozent. Die Stadt hat seit 1990 erhebliche strukturelle Probleme und ist extrem geschrumpft. In den alten Bundes- ländern weisen hingegen nur vier der 324 Kreise einen Leerstand von knapp über 10 Prozent auf (Cochem- Zell, Landkreis Hof, Pirmasens, Wun- siedel). Gerade Ostdeutschland leidet bis heute spürbar an den starken Ab- wanderungen und der falschen Sub- ventionspolitik in den 1990er Jahren ( (Henger et al., 2017)/ (Henger/ Voigtländer, 2015)). Doch auch in Westdeutschland sind einige Regio- nen von hohem Leerstand betroffen. Gleichzeitig liegen die Leerstands- quoten in 55 von 401 Kreisen unterhalb von 2,5 Prozent. Eine Quote von 2,5 Prozent wird von Im- mobilienmarktforschern in der Regel als Mindestwert angesetzt, dessen Einhaltung eine Fluktuation ohne zu große Wartezeiten ermöglicht und zu hohe Suchkosten für Wohnungs- suchende verhindert. Wird diese Fluktuationsreserve wie in vielen Ballungszentren weit unterschritten, stehen Wohnungssuchende vor er- heblichen Problemen, eine passende und angemessene Wohnung zeitnah zu finden. Befindet sich die Quote auf einem Niveau von 2,5 Prozent, dann liegt das theoretische Optimum vor. Steigende Wohnungsbedarfe können dann nur durch den Neubau von Wohnungen befriedigt werden. Dies gilt nur, wenn bei den Leer- ständen davon ausgegangen werden kann, dass diese auch im Sinne der Nachfragepräferenzen genutzt werden können, was in der Realität jedoch nicht gegeben ist. So können bei- spielsweise leerstehende Mietwohn- gebäude nicht in attraktive Einfami- lienhäuser umgewandelt werden. Bei den Kreisen mit einem Leerstand von weniger als 2,5 Prozent handelt es sich fast ausnahmslos um kreisfreie Städte (siehe Abbildung). In den Kreisen rund um die prospe- rierenden Ballungszentren („Speck- gürtel“) sind die Quoten ebenfalls sehr niedrig. Abgelegene Kreise zeigen hingegen substanziell höhe- re Leerstände. Erfurt und Potsdam

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