DO_02_2019_online

DAS OPTIMUM 3 Wohnen: Zufriedene Deutsche! M anchmal können Studien auch Verwirrung stiften. Die letzten Wochen und Monate zeichneten ein vermeintlich klares Bild in Sachen „Miete” in Deutschland. Tausende protestieren auf den Strassen, Politi- ker jedweder Couleur übertrafen sich mit radikalen Forderungen in Sachen „Mietpreis-Explosion”. Viele Bürger auf dem Land verstehen dieses Gerangel nicht. Zeigt sich doch der Wohnungsmarkt in Deutsch- land äußerst heterogen. Einerseits treibt in den großen Städten und den dazugehörigen Speckgürteln ein teil- weise ungehemmter Mietzinsanstieg manchen Mieter an den Rand der Existenz. Andererseits droht ganzen Landstrichen abseits dieser Regionen ein dauerhaftes und nur sehr schwer abbaubares Leerstandsproblem. Mit zum Teil schwerwiegenden ökonomi- schen, sozialen und gesellschaftli- chen Folgen. Alles zusammen zeich- net das ein Bild sehr unzufriedener deutscher Mieter und Vermieter, ganz egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Im abgelaufenen Monat Juni flatterte dann die Überraschung schlechthin auf den Redaktionstisch. Eine Studie des „Happiness Research Institut” in Kopenhagen (The GoodHome Re- port 2019) kommt zu dem Schluß, dass die befragten Deutschen trotz massiver Diskussionen über steigen- de Mietpreise und Wohnungsman- gel einerseits und Landflucht bzw. Wohnungsleerstand anderseits sehr zufrieden sind mit ihrem zu Hause. 13500 Menschen in zehn europäi- schen Staaten wurden befragt, 1001 davon in Deutschland. Besonders überraschend dabei: die Deutschen bescheinigen nicht nur dem bau- lichen Zustand oder der Ausstattung ihres Hauses oder ihrer Wohnung ein ausgezeichnetes Zeugnis, sie sind auch emotional sehr stark mit ihrem zu Hause verbunden. Auf fünf Kernelemente reduzierten die dänischen Forscher die zahlrei- chen Gefühle für das eigene Heim (Stolz, Komfort, Identitätsbewußt- sein, Sicherheit und Einflussnahme). Das Ergebnis ist mehr als überra- schend. Denn ganz gleich ob Mieter oder Eigentümer: die Deutschen sind stolz auf ihr Heim, fühlen sich sicher und können in den eigenen vier Wänden mental entspannen. Nur drei Zahlen als Beispiel: 97% der Befragten sind mit der sanitären Ausstattung zufrieden, 94% mit der Luftqualität und 91% mit dem natür- lichen Licht. Lediglich im Bereich der „Einfluss- nahme” auf den Wohnraum fällt der Zufriedenheitsgrad etwas verhaltener aus als bei den europäischen Nach- barn. Kein Wunder, gilt Deutsch- land doch eher als „Mieterland”. Demgegenüber sind anderenorts die Eigentümerquoten höher, womit die Einflussnahme auf eine potenzielle Umgestaltung entsprechend leichter fällt. In der ganzheitlichen Betrachtung zeigt sich: die Wohnung (das Haus) ist den Deutschen heilig. Sie lieben ihre eigenen vier Wände, können dort erstklassig entspannen und sind stolz darauf. Unter den zehn befragten Nationalitäten gibt es nur eine, die – gemäß der Studie – noch zufriedener mit der Wohnsituation ist: die Nie- derländer. Doch ist Deutschland nicht weit davon entfernt. Denn auf einer Skala von null (unzufrieden) bis zehn (glücklich) erreichten die Deutschen mit der Note 7,6 einen erstklassigen Wert. Lediglich 0,09 Punkte weniger als die Niederländer. Vielleicht kann man daraus in Deutschland etwas wichtiges lernen. Nämlich den regionalen Problemen auch ihren entsprechenden regiona- len Rahmen zuzuordnen. Also nicht gleich nach fünfjähriger Mietpreis- deckelung für ganz Deutschland schreien, sondern sie dort anzuwen- den, wo sie auch notwendig ist: in den betroffenen Städten und Regio- nen. Günther Klauke Verlag 1.01

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