DO_02_2019_online

unbefriedigend. Vielerorts werden im Verhältnis zu den Bedarfen und den Leerständen noch immer zu viele Neubauten errichtet (Deschermeier et al., 2017a). Dies wird auch durch regulatorische Lockerungen forciert, die den Wohnungsbau beschleunigen und erleichtern. So hat der Bundes- tag im Jahr 2017 beschlossen, dass Gemeinden bis zum 31. Dezember 2019 in ihrem Außenbereich in einem beschleunigten Verfahren Wohnbaugebiete ausweisen können, die bis einen Hektar bebauter Grund- fläche und damit bis mehrere Hektar groß sind (§ 13b BauGB). Damit entfallen die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und die Umwelt- prüfung. Dies erleichtert das Bauen auf der „Grünen Wiese“. Neubau ist in den Ballungsgebieten zwar dringend erforderlich, kann aber in anderen Märkten zu einem Anstieg der Leer- stände beitragen. In den schrump- fenden ländlichen Gebieten ist es wichtig, den Leerstandsabbau durch eine verstärkte Innenentwicklung zu forcieren und nicht die Zersiedelung anzuregen (Henger et al., 2014). Der sparsame Umgang mit Freiflächen ist aus vielerlei Gründen richtig. So dienen Freiflächen dem Erhalt des Ökosystems und der Landwirtschaft. Zudem nehmen bei steigender Sied- lungs- und Verkehrsfläche und gleich- zeitig konstanter oder sinkender Bevölkerung die Infrastrukturkosten pro Kopf zu. Dies führt zu höheren Beiträgen und Gemeindesteuern. Wenn Wohnungen und Siedlungsflä- chen im Sinne einer Flächenkreislauf- wirtschaft wieder nutzbar gemacht werden können, besteht auch kein genereller Zielkonflikt zwischen dem Flächensparen und der erforderlichen Ausweitung des Wohnungsbaus. Denn bei einer Flächenkreislaufwirtschaft fallen Flächen nicht brach, sondern werden einer Nachnutzung zuge- führt (Bizer et al., 2009). Wichtig ist, dass eine am Bedarf orientierte Siedlungsentwicklung erfolgt. Hierzu müssen die Rahmenbedingungen für die Kommunen so verändert wer- den, dass sich Alleingänge einzelner Kommunen bei Flächennutzungs- entscheidungen nicht lohnen. So besteht auch bei der Ausweisung von Siedlungsflächen eine Gefangenen- dilemma-Situation (Schiller et al., 2009). Um dieses Externalitätenpro- blem aufzulösen, sollten Freiflächen bei der Umnutzung zu Bauland einen Preis erhalten, der den wahren Wert des Bodens reflektiert und dazu führt, dass reine angebotsorientierte Baulandstrategien für die Kommunen unattraktiv werden. Ein Preis für Frei- flächen könnte beispielsweise durch einen Flächenzertifikatehandel (Hen- ger et al., 2019) eingeführt werden, mit dem sich Flächensparziele ziel- sicher und effizient erreichen lassen. Wie in einem breiten Modellversuch gezeigt, werden in einem Handels- system Flächensparmaßnahmen über alle Städte und Gemeinden hinweg effizient organisiert. Der Verzicht auf neue Siedlungsentwicklung wird durch einen möglichen Verkauf von Zertifikaten belohnt, während sich Regionen mit aktuell angespannten Wohnungsmärkten trotzdem ausrei- chend frei entwickeln können. Verstärkte Gemeindekooperation und Regionalplanung Ein weiterer Schlüssel für eine erfolg- reiche Strategie gegen Leerstand liegt in der interkommunalen Ko- operation sowie einer abgestimmten überörtlichen Planung. Viele Fragen haben über die Gemeindegrenzen hinweg Bedeutung. Übergeordnetes Ziel ist der Erhalt kompakter und kostengünstiger Siedlungsstrukturen. Hierfür sind Stadtentwicklungskon- zepte erforderlich, die die Innen- entwicklung stärken. Ein zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Bündelung bestehender Nach- frage nach Wohnungen und Gewerbe- flächen. Gerade in schrumpfenden Regionen ist das eine große Heraus- forderung (Henger et al., 2014). Hierbei gilt es auch, die Regional- und Landesplanung zu stärken, die für einen Interessenausgleich zwi- schen den Kommunen sorgen kann. Das Grundgerüst bildet dafür das Zentrale-Orte-Konzept, welches in § 2 ROG geregelt ist. Es organisiert die überörtliche Leistungserbringung der Daseinsvorsorge und räumlichen Infrastruktur über die Einteilung der Städte in Ober-, Mittel- oder Grund- zentren. Gezielte Förderung Ein wichtiges wohnungspolitisches Instrument bei der Vermeidung und dem Abbau von Leerstand stellt die Städtebauförderung des Bundes dar. Die Städtebauförderung hat nach § 164b BauGB die folgenden Schwer- punkte: • Stärkung von Innenstädten und Ortszentren in ihrer städtebau- lichen Funktion, auch unter Berücksichtigung des Denkmal- schutzes; • Herstellung nachhaltiger städ- tebaulicher Strukturen in von erheblichen städtebaulichen Funktionsverlusten betroffenen Gebieten. Kennzeichen für solche Funktionsverluste ist vor allem ein dauerhaftes Überangebot an baulichen Anlagen, zum Beispiel Wohnungsleerstand oder Brach- flächen in Innenstädten, insbe- sondere Industrie-, Konversions- und Bahnflächen; • städtebauliche Maßnahmen zur Behebung sozialer Missstände. Zur Umsetzung dieser Ziele gibt es eine Reihe von Programmen wie beispielsweise Stadtumbau Ost, Stadtumbau West oder Soziale Stadt DEMOGRAFIE 12

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