DO_01-2019_online
DEMOGRAPHIE 6 Deutschland altert, vor allem auf dem Land. Die Städte wer- den dagegen jünger, stellt das Institut der deutschen Wirt- schaft (IW) in einer neuen Studie fest: Sie wachsen vor allem durch junge Zuwanderer und durch junge Inländer, die für ein Studium oder einen Job in die Stadt ziehen. Die Alte- rung der Gesellschaft in den Großstädten ist vorrübergehend durch die Zuwanderung aus dem In- und Ausland gestoppt. Dabei verstärken die Wanderungen junger Bevölkerungsschichten in die Großstädte die Alterungs- prozesse in den Abwanderungs- regionen. Auf die zunehmenden regionalen Unterschiede in der demographischen Entwicklung bedarf es fallbezogener und abgestimmter Antworten von Bund, Ländern und Kommunen. I n den letzten Jahren haben die regionalen Unterschiede in der demographischen Entwicklung durch die hohe Anzahl von Zuzügen jun- ger Zuwanderer aus dem In- und Ausland in die Großstädte deutlich Alterung der Gesellschaft im Stadt-Land Vergleich Dr. Christian Oberst Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik Dr. Ralph Henger Senior Economist für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik zugenommen. Themen wie die so- ziale Daseinsvorsorge, gleichwertige Lebensverhältnisse oder eine Neuaus- richtung der Regionalpolitik rücken daher wieder stärker in den Fokus der Politik. Divergenzen in der Bevölkerungsent- wicklung und Altersstruktur sind mit weitreichenden Konsequenzen für die Daseinsvorsorge, öffentliche Infra- struktur und regionale Wirtschafts- entwicklung verbunden. Hierzu zählen unter anderem beim Infra- strukturbedarf die regionalen Bedarfe im Gesundheits- und Bildungswesen und der Fachkräftebedarf zum Erhalt der regionalen Wettbewerbsfähig- keit. Denn je höher der Anteil älterer Menschen, desto höher sind tenden- ziell Bedarfe im Gesundheitswesen und bei der Pflege. Da diese weitest- gehend die Allgemeinheit über die Sozialversicherungen trägt, wird auch die regionale Versorgungslage in der übergeordneten Bundespolitik disku- tiert. Zudem sind Auswirkungen auf die Fachkräftesicherung, Technolo- giediffusion und Einwohnerrückgänge zu erwarten. Letztere sind wiederum mit steigenden durchschnittlichen Versorgungskosten und Anpassungs- kosten verbunden. Andererseits sind höhere Anteile junger Menschen mit höheren Bedarfen bei Bildungsein- richtungen (Kindertagesstätten und Schulen) verbunden, dessen Bereit- stellung in erster Linie von den Kommunen erfolgt. In diesem Beitrag stehen langfris- tige und regionstypische Trends der Alterungsprozesse im Fokus. Dazu werden die 401 Kreise in Deutsch- land in zwei Kategorien aufgeteilt, die 71 kreisfreien Großstädte und die restlichen 330 sonstigen Kreise. Zu den kreisfreien Großstädten gehören alle kreisfreien Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern (Stand 2017) sowie die Region Hannover und die Städteregion Aachen. Die Abbildung vergleicht die Altersentwicklung mit den Wanderungen nach Zielort für die zwei untersuchten Regionskategorien für den Zeitraum 1995 bis 2016. Die Altersentwicklung wird anhand des mittleren Alters der Bevölkerung ge- zeigt, die für die beiden Regionskate- gorien über die regionale Verteilung der Altersklassen mit einwohner- gewichteten Durchschnittswerten ermittelt wurde (siehe Statistisches Bundesamt, 2018). In den kreisfreien © rcfotostock-stock.adobe.com
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