DO_01-2019_online
DAS OPTIMUM 21 zum Erreichen des 100. Lebensjahres litten. So konnte die Krankenge- schichte von fast 3000 Menschen ab dem 95. Geburtstag verfolgt werden. Knapp 500 von ihnen erreichten das 100. Lebensjahr. Bei den jüngeren Kohorten, die zwischen 1918 und 1923 geboren wurden, konnten Daten von über 17.000 Versicherten aus- gewertet werden. Die Wissenschaftler starteten hier beim 85. Geburtstag und verfolgten die Krankengeschich- ten bis zum Tod oder bis zum 90. Ge- burtstag, den rund die Hälfte dieser Gruppe noch erlebte. Ob Lungenentzündung, Bluthoch- druck, Knochenbruch oder Herzer- krankungen – aus den Daten der Versicherten ließ sich genau heraus- lesen, welche Krankheiten während des Untersuchungszeitraumes diag- nostiziert wurden. Um Fehldiagnosen auszuschließen, wurden Demenzen jedoch nur dann erfasst, wenn sie durch eine zweite Diagnose bestätigt worden waren. Bei den 95- bis 100-Jährigen waren demnach die Herzinsuffizienz und andere chronische Herzerkrankungen wie Kardiomyopathie (folgend als Summenkategorie „andere chronische Herzerkrankungen“ bezeichnet) mit 59 Prozent am häufigsten, dicht ge- folgt von Demenzen (53%) sowie ischämischen Herzkrankheiten (47%) und zerebrovaskulären Krankheiten, zu denen der Schlaganfall zählt (44%). Zudem litten 73 Prozent an Bluthochdruck, 30 Prozent an Diabetes und 28 Prozent an Nieren- krankheiten. An Depressionen waren 22 Prozent erkrankt und 33 Prozent waren schwerhörig. Nur eine kleine Minderheit litt an Krebs oder Parkinson. Auch Erblin- dung trat eher selten auf. Bei den 85- bis 90-Jährigen waren noch deutlich weniger Menschen (32%) an Demenzen erkrankt. In dieser Altersgruppe waren vor allem die anderen chronischen Herzer- krankungen (50%) und die ischämi- schen Herzkrankheiten (49%) weit verbreitet. Bluthochdruck (86%) und Diabetes (39%) waren in dieser Altersgruppe verbreiteter als bei den 95- bis 100-Jährigen. Um zu sehen, inwieweit sich die Gesundheit besonders langlebiger Menschen von anderen unterscheidet, haben Gabriele Doblhammer und Ale- xander Barth die Versicherten auch nach dem Alter zum Todeszeitpunkt aufgeteilt und die Prävalenz der Er- krankungen berechnet. Als Prävalenz wird der Anteil der Erkrankten an der Bevölkerung bezeichnet. Die Gruppe der Versicherten, die nicht starben, sondern ihren 90. bzw. 100. Geburts- tag erlebten, hatten demnach vor allem bei den Demenzen und den an- deren chronischen Herzerkrankungen einen deutlichen Vorteil (s. Abb. 1). Obwohl für alle die Prävalenz der Er- krankungen mit dem Alter zunimmt, so sind diese bei den Überlebenden eines Alters doch teilweise nur halb so hoch wie bei den Versicherten, die zu einem bestimmten Alter ver- starben. Während etwa in der Gruppe der Langlebigen, die ihren 100. Ge- burtstag erreichten, im Alter von 95 nur 28 Prozent an Demenz erkrankt waren, waren es bei den 95-Jährigen, die noch im gleichen Jahr sterben mussten, mit 54 Prozent fast doppelt so viele. Abb. 1: Hochaltrige leiden im Vergleich zur übrigen Bevölkerung bereits in jüngeren Jahren an weniger Erkrankungen. Demenzen und chronische Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz und Kardiomyopathie treten bei ihnen in jedem Alter seltener auf. Quelle: AOK, Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels
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