DAS OPTIMUM

BAUEN 6 „Barrierereduzierte Dachgeschoss- wohnung, extra schwellenarm“. Wer dieses Angebot im Immobilienteil der Zeitung liest, sollte genau auf- passen, auf was er sich einlässt. Ähnlich wie der „naturbelassene Strand“ und die „Idylle in ruhiger Lage“ im Reiseprospekt eher eine Kloake fernab jeglicher touristi- scher Infrastruktur versprechen, gilt es auch, Immobilienanzeigen sorgfältig zu lesen. Denn in einer barrierereduzierten Wohnung können sich durchaus zahlreiche Barrieren finden - nur weniger, als üblich. Und schwellenarm heißt nun mal nicht schwellenfrei. E igentlich gibt es nur einen Begriff, der eine gewisse Planung und Ausstattung verspricht: „Barrierefrei“. Alle anderen Begriffe wie „barrie- rearm“, „seniorengerecht“, „alters- gerecht“ usw. sind nicht eindeutig definiert. Wichtig ist also, was ein Bauunter- nehmer oder ein Handwerker seinen Kunden anbietet und vor allem, was vertraglich vereinbart wurde. Hier sollte auf Seiten des Auftragnehmers sehr sorgfältig vorgegangen werden, denn mit dieser Thematik haben sich in der Vergangenheit schon Gerichte befasst. Als wegweisend gilt dabei ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG Koblenz 10 U 1504/09), das bereits vor einigen Jahren erstmals für ein wenig mehr Klarheit gesorgt hat. Hier hatte der Käufer eine Immobilie erworben, die als „seniorengerecht“ beworben wurde. Aus dieser Aussage wollte der Käufer eine Beschaffen- heitsvereinbarung ableiten, nach der er eine durchgehend „behinderten- gerechte“ Ausführung erwartete, die planerisch gesehen die damals noch gültige DIN 18025 einhalten sollte. Das Gericht lehnte diese Forderung jedoch ab. Der Begriff „senioren- gerecht“ stelle – so das Gericht in seiner Begründung – keine Verbind- lichkeit dar, aus der sich Ansprüche an die Ausstattung ableiten ließen. Das OLG machte vielmehr deutlich, dass eine „barrierefreie Ausführung“ ausdrücklich hätte vereinbart werden müssen. Dies konnte der Käufer aber nicht nachweisen: im Bauvertrag wurde die anzuwendende DIN-Norm weder explizit genannt noch verein- bart. Der Begriff „seniorengerecht“, so das Gericht, sei kein Rechtsbe- Ist barrierearm schon barrierefrei? Kleine Worte, große Unterschiede! Dipl.-Kfm. Marcus Sauer Leiter Schulung und Consulting GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik ® © GrafKoks - Fotolia.com

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