Die heutigen Entwicklungen der Industrie orientieren sich zunehmend daran, auch die Bedürfnisse der über 60-jährigen bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen. Die „jungen Alten“ oder „Best Ager“ sind nicht nur sehr mobil und aktiv, sondern auch moderner aufgestellt als noch die Generation vor ihnen. Sie verfügen zudem über eine hohe Konsumkraft. Und ihr Bevölkerungsanteil wächst weiter. Bereits heute sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung älter als 65 Jahre. Laut einer Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird in 50 Jahren bereits ein Drittel der Deutschen in diesem Alter sein. Um möglichst lange unabhängig zu bleiben, möchten die meisten der Ruheständler in den „eigenen vier Wänden“ oder ihrem Haus wohnen bleiben. Doch um das umzusetzen, müssen die Gebäude und Wohnungen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen. Das fängt bei der Barrierefreiheit am Hauseingang oder im Bad an und geht bis zur automatischen Steuerung von Licht, Heizung und Türkommunikation. Natürlich darf auch die Sicherheit nicht zu kurz kommen, dazu dienen entsprechende Hausruf- und Notrufsysteme.
GGT und KNX
Dass sich Senioren darüber hinaus auch Komfort und Effizienz für ihr Haus in anderen Lebensbereichen wünschen, hat die GGT Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik® schon früh erkannt. Seit annähernd 20 Jahren erstellt die GGT Studien im Generationenmarkt und erhebt durch Befragungen bei den Endkunden sowie im Markt Basisdaten für die weitere Entwicklung von Produkten, Konzepten und Dienstleistungen. Sie berät Unternehmen, veröffentlicht Studien und testet Produkte auf ihre Alltagstauglichkeit und dies generationenübergreifend. Besonders empfehlenswerte Produkte präsentiert die GGT in einer 1.200 Quadratmeter großen Dauerausstellung in ihrem Stammsitz im nordrhein-westfälischen Iserlohn. Pro Jahr lockt sie rund 10.000 interessierte Besucher aller Altersgruppen an. Dabei steht die Gesellschaft nicht nur Fachleuten aus Industrie, Handwerk, Architektur und Politik offen. Etwa 60 Prozent der Besucher sind Endkunden, die sich vor Ort über die neuesten Entwicklungen informieren wollen – vom faltbaren Rollator bis hin zum Komfortbad mit speziellen Raumkonzepten und KNX gesteuerter Fensteröffnung.
KNX – Garant für Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz
Seit 20 Jahren ist auch der KNX Standard für Haus- und Gebäudesystemtechnik ein Garant für mehr Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz in den eigenen vier Wänden. Die damit verbundene Gebäudeautomation wirkt genauso generationenübergreifend wie viele der GGT-getesteten Produkte. KNX wird zunehmend auch durch die ältere Generation aufgrund der einfachen und oftmals selbsterklärenden Funktion positiv bewertet.
Der Standard ermöglicht es, die elektrischen Funktionen in der gesamten Wohnung über das Smartphone, den Computer, per Touchpanel oder Schalter zu steuern. Jalousien und Fenster können zum Beispiel mit einer Wetterstation auf dem Dach vernetzt werden. Diese sendet ein Signal an den Zentralrechner, so dass zum Beispiel bei Wind und Regen die Jalousien automatisch hochgefahren und die Fenster geschlossen werden.
Verschiedene Lichtszenerien sorgen per Knopfdruck für ein wohliges Ambiente.
Individuelle Nutzung
So kann ganz individuell die KNX-Anlage dafür genutzt werden, einzelne Lichtszenen beim Betreten des Hauses zu aktivieren. Farbiges Orientierungslicht im Flurbereich, die Leseleuchte im Wohnzimmer oder die Küchenbeleuchtung können geschaltet werden. Über die Wetterstation könnte diese Situation auch jahreszeitabhängig gesteuert werden. Außerdem kann die Stereoanlage oder der Fernseher eingeschaltet werden, um dem Bewohner „seine“ individuelle Wohlfühlszene nach Bedarf zu bieten.
„Die kompetente und konsequente Ausrichtung an den Wünschen der Nutzer ist auch der Grund, warum bereits viele Produkte von KNX-Herstellern in unserer Ausstellung zu finden sind“, so Martina Koepp, Geschäftsführerin der GGT. Die Musterimmobilien auf dem Gelände der GGT zeigen in anschaulicher Weise, wie generationengerechtes Bauen in der Praxis aussehen kann und welche Planung sowie innovativen und empfehlenswerten Produkte es erfordert. „Gerade im Bereich Licht und Elektrotechnik steckt noch großes Potential – ob es sich um Orientierungslicht für den nächtlichen Weg zum Bad oder um die Szenenbeleuchtung sowie die Alarmschaltung handelt“, ist Koepp überzeugt.
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind in Zukunft mehr den je gefragt, denn die Immobilienkosten werden zunehmend über die Folgekosten definiert. Ohne Automation sind Beleuchtungen, Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen meist durchgehend in Betrieb, was einen hohen Energieverbrauch zur Folge hat. Bei einer mit KNX ausgestatteten Gebäudetechnik steuern dezentrale Busgeräte die Raumheizung, Klimatisierung, Beleuchtungsanlagen und andere Energieverbraucher ganz nach Bedarf. Zeitprogramme sorgen dafür, dass Licht, Wärme und Kühlung während der Gebäudenutzung für Wohlbefinden sorgen, in Zeiten außerhalb aber heruntergeregelt oder ausgeschaltet sind. Eine weitere Steigerung für mehr Energieeffizienz ermöglichen Präsenzmelder. Damit lässt sich der Verbrauch weiter begrenzen.
Vernetzte Gewerke
Die Vernetzung aller Gewerke erlaubt zudem die Integration von Sonnenschutzanlagen mit Tageslichtlenkung, Lüftungsklappen für Nachtauskühlung, Verriegelung der Fensterlüftung, solaren Wärmegewinn usw., womit sich weitere Energieeinsparpotentiale erschließen lassen. Über ein zentrales Managementsystem schließlich können Energieverbräuche überwacht, analisiert und weiter optimiert werden. Zukunftsweisend für effiziente Energieanwendungen sind die intelligente Verbrauchserfassung (Smart Metering) und die Kopplung mit intelligenten Stromnetzen (Smart Grid). Für die Umsetzung die Gebäudeautomation mit KNX stehen mittlerweile deutschlandweit etwa 7.000 geschulte und erfahrene Systemintegratoren zur Verfügung.
KNX- Einsatzmöglichkeiten
Nachfolgend einige Beispiele, wo KNX insbesondere eine komfortable Benutzerführung ermöglicht.
Beleuchtung – Durch Tastendruck auf einem Zentralschalter im Haustürbereich, kann beim Verlassen der Wohnung der Strom abgeschaltet werden. Dabei werden die notwendigen Technikbereiche oder Geräte ausgenommen wie z.B. Heizung, Klimaanlage, Computer und Kommunikationssysteme und die Alarmanlage scharfgeschaltet.
Beschattung – Sonnen- oder Sichtschutzanlagen werden wetter- bzw. sonnenstandsabhängig oder nutzerdefiniert geöffnet oder geschlossen.
Fenster und Türen – Automatisches Schließen von Fenster- und Türanlagen bei Regen und Wind, z.B. Dachfenster, oder Lüftung bei schlechter, sensorisch gemessener Luftqualität.
Heizungs- und Klimaanlage – Individuelle Einzelraumsteuerung, um auf aktuell veränderte Bedarfe in einem Raum zu reagieren und nach Nutzung automatisch in die Grundeinstellung zu fahren. Steuerung per Smartphone von unterwegs oder bei Rückkehr aus dem Urlaub. Vergleichbare Steuerungen sind auch bei Klimaanlagen möglich.
Alarmanlagen – Überwachungsmöglichkeiten per Bewegungsmelder in Kombination mit Video und Aufzeichnungselektronik für den Innen- und Außenbereich. Anwesenheitssimulation durch Licht- und sonstige Aktionssteuerungen wie Rollladenbetrieb oder Fensterlüftung. Dauerlicht vor den Eingangsbereichen, jahreszeit- und helligkeitsgesteuert.
Bewässerung – Automatischer Betrieb der Garten-Bewässerungsanlage auch koppelbar mit Sonnenstunden.
Haushaltsgeräte – Sicherheitsschaltungen für den Herd, Backofen (zeitgesteuert), Gefrier- und Kühlschrank, mit entsprechender Störmeldung an eine Servicestelle.
Computer und Kommunikationsanlagen
Diese Anlagen werden üblicherweise über Dauerstrom geführt, bei Unterbrechung geht eine Information an die Servicestelle oder direkt auf das Handy. Ebenso ist der Status der KNX-Anlage über Fernabfrage z.B. durch das Mobiltelefon möglich.
Konkrete Projekte
Der Weltstandard KNX kann neben den gebotenen baulichen und anlagentechnischen Optimierungen mit Steuer- und Regeltechnik einen bedeutenden Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs leisten. Dies zeigen ausgeführte Projekte: So kann zum Beispiel ein Versicherungsgebäude in Prag dank vernetzter Automation aller Gewerke eine um 60 Prozent verbesserte Energiebilanz vorweisen. In Portugal rechnet eine Hochschule nach dem Probelauf einer Versuchsanlage mit bis zu 30 Prozent geringeren Energiekosten nach Umrüstung der Elektroinstallation in allen Schulgebäuden auf KNX. Ein Logistik- und Verwaltungszentrum in Belgien hat im Laufe von vier Jahren durch sukzessive Automatisierungsschritte seinen Energieverbrauch um Faktor 0,75 verbessert. Und die Optimierung der Lichtsteuerungen in einer deutschen Konzernzentrale überzeugt mit harten Fakten: Über 100.000 Euro Einsparung im Jahr.
KNX: Was ist das?
KNX steht für ausgereifte und weltweit durchgesetzte intelligente Vernetzung moderner Haus- und Gebäudesystemtechnik gemäß EN 50090 und ISO/IEC 14543. Es handelt sich um ein sogenanntes BUS-System. BUS ist die Abkürzung von „Binary Unit System“. Ein BUS ist die Grundlage intelligenter oder vernetzter Gebäudetechnik. Damit die technischen Geräte in einem Gebäude ihre Informationen austauschen können, bedarf es einheitlicher Standards über den sie gemeinsam kommunizieren können.
Der KNX-Standard nutzt dazu eine Niedervoltleitung zusätzlich zum Stromnetz. Über diese kommunizieren die einzelnen Steuer- und Bedienelemente, Sensoren und Aktoren miteinander. Die Sensoren messen zum Beispiel Temperatur, Feuchtigkeit, Sonnenlicht oder Bewegung und senden entsprechende Informationen, so dass die Heizung hochgefahren, die Beleuchtung angeschaltet, die Rollläden heruntergelassen oder die Alarmanlage in Gang gesetzt wird. In einer oder mehreren Steuerzentralen laufen die Informationen zusammen. Von dort aus können über ein Panel oder Schalter Heizung, Beleuchtung, Klimanalage oder Lüftung gesteuert werden. □
Quelle und Bilder: KNX, Busch-Jaeger, GIRA, GGT